Vitamin D und Bewegung
Heute schon in der Natur gewesen? Nein? Dann ab in die Sonne!
Vitamin D, Bewegung und ihre Rolle in der Gesundheit
Bewegung und Gesundheit
Jeder von uns hat schon einmal von Vitamin D gehört. Wie wichtig ist dieses Vitamin? Was genau ist seine Rolle in der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention? Und was passiert, wenn wir aufhören, uns zu bewegen?
Unser autonomes Nervensystem birgt die Antwort auf diese Fragen und erklärt, warum ausreichende Bewegung in der Natur, insbesondere in der Sonne, für unsere Gesundheit so wichtig ist. Denn wir Menschen sind Bewegungstiere. Unser Körper wurde für diesen Zweck geschaffen und besitzt Ressourcen, um lange Phasen körperlicher Aktivität auszuhalten.
Physiologie des Vitamin-D-Haushaltes
Wie viele von uns vielleicht wissen, ist Vitamin D sehr wichtig für unseren Körper, insbesondere für das muskuloskeletale System.
Der Name Vitamin D bezieht sich auf eine bestimmte Gruppe von lipidlöslichen Substanzen, die ein Secosteroidgerüst aufweisen. Die unter dem Namen Vitamin D eigentlich bekannte Substanz ist Cholecalciferol (auch als Calciol bekannt)und wird unter Einwirkung von UV-B Strahlung aus 7- Dehydrocholesterol (Provitamin D3) gebildet.
Steht unserem Körper nicht genug Vitamin D zur Verfügung, kommt es letztendlich zu Mangelerscheinungen. Die typische Mangelerscheinung im Kindesalter ist die durch Demineralisierung des Knochens verursachte Rachitis. Bei Erwachsenen nach beschlossenem Wachstum kommt es zu Osteomalazie, die auch durch Abbau der Knochensubstanz verursacht wird. Ein Vitamin D Mangel kann daher durch verminderte Absorption und Zufuhr von Vitamin D erfolgen, auch wenn der durch die Nahrung zugeführte Anteil von Vitamin D etwa 10% beträgt. Andere Ursachen sind chronisches Nierenversagen und vor allem ein Mangel an UV-Licht (insbesondere in Nordamerika und nördlichen Staaten Europas) (Silbernagl, 2012).
Bewegung, Tageslicht und Gesundheit
Nun stellt sich die Frage: „Wie wichtig sind Vitamin D und Bewegung für unsere Gesundheit?“
Laut dem Chronomediziner und Gründer der Autonom Health GmbH Dr. Alfred Lohninger stellt Bewegung bei Tageslicht (und vor allem in der Natur) eine der sieben wichtigsten Säulen der Gesundheit dar (Lohninger, 2016). Viele medizinische Studien stellten einen Zusammenhang zwischen mangelnder Bewegung und verschiedenen Krankheiten, vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, fest (Nocon et al., 2008, Samitz et al., 2011). Selbst ein bis zwei Sporteinheiten pro Woche (bis 150 Minuten Sport pro Woche) können die allgemeine Mortalität um bis zu 30% Prozent senken.
Bewegungsmangel, Übergewicht und berufsassoziierter Stress sind heute einige der relevantesten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen und Mortalität im Allgemeinen. Und überall dort, wo unser Herz involviert ist, ist unser autonomes Nervensystem auch im Einsatz. Daher wundert es nicht, dass Übergewicht, Stress und Bewegungsmangel einen negativen Effekt auf die HRV haben.
Föhr et al. zeigten in ihrer Untersuchung an 16275 finnischen Probanden, dass viel körperliche Aktivität (mehr als 300 Minuten pro Woche) zu einer erheblichen Reduktion von Stress führen kann. Infolge dessen kam es bei Probanden auch zu einer besseren Erholung nach Stress, die sich durch eine höhere Herzratenvariabilität auszeichnet (Föhr et al., 2016).
Lu und seine Kollegen untersuchten die Korrelation zwischen gesundheitsassoziierter Lebensqualität im körperlichen Aspekt (Health-related Quality of Life – HRQOL) und HRV bei gesunden Erwachsenen (Lu et al., 2016). Laut Center for Disease Control and Prevention (CDC) inkludiert HRQOL Gesundheitsdeterminanten wie physische und psychische Gesundheit und die subjektive Einstellung des Menschen (Stimmungslage, Energie) zu diesen Faktoren sowie moderierende Faktoren wie vorbestehende Erkrankungen, Risikofaktoren, sozioökonomischen Status, Freundeskreis und funktionellen Status. Patienten, die einen niedrigeren Score bei HRQOL aufwiesen, hatten deutlich reduzierte HRV-Werte und einen deutlichen Abfall im Low-Frequency Bereich des HRV-Spektrums. Diese Studie deutet auf die Wichtigkeit körperlicher Aktivität hin und zeigt, dass die Empfindung der eigenen Gesundheit auch sehr wichtig und für ein gesundes Leben unentbehrlich ist.
An diesem Beispiel lässt sich ausgezeichnet zeigen, wie wichtig das Gleichgewicht zwischen genug körperlicher Aktivität und Ruhephasen ist. Die nächsten zwei Abbildungen zeigen wie ein ungesunder Lebensstil und eine Vielfalt an sitzenden Aktivitäten bereits bei Jugendlichen einen erheblichen Effekt (negativen!) auf die Herzratenvariabilität haben können.
Jeder von uns genießt mal einen Spaziergang am Strand. Wenn dazu auch noch die Sonne strahlt, genießt man solche Momente noch mehr. Denn es wurde schon längst gesagt: „Ohne Sonne gäbe es kein Leben auf der Erde.“ Und auch keine gesunden Knochen.
Die Wichtigkeit dieses Vitamins kann man am besten an den Mangelerscheinungen erkennen. Ein Vitamin D Mangel kommt in der heutigen Gesellschaft oft vor. Die medizinische Studienlage schätzt, dass etwa 30-50% der Bevölkerung einen nicht ausreichenden Vitamin-D-Spiegel aufweisen. Viele Studien legen den Verdacht nahe, dass ein Mangel einen negativen Effekt auf die kardiovaskuläre Gesundheit hat (Lee et al., 2008).
Doch wie viele Dinge im Leben, stellt Ausgeglichenheit einen wichtigen Faktor für ein gesundes Leben dar.
Hansen et al. zeigten in ihrer Studie über hohe bzw. niedrige Vitamin-D-Spiegel und ihre Auswirkung auf die autonome Neuropathie bei DiabetikerInnen, dass sowohl zu hohe als auch zu niedrige Vitamin-D-Blutspiegel einen negativen Effekt auf die HRV haben können. Die Forscher waren in der Lage, einen U-förmigen Effekt von Vitamin-D-Spiegeln auf verschiedene HRV-Indizes festzustellen. Laut dieser Studie hat ein Spiegel zwischen 25 und 50 nmol/L einen günstigen Effekt auf die HRV (Hansen et al., 2016).
Auch Canpolat und Kollegen untersuchten die Effekte des Vitamin-D-Mangels auf die HRV. Sie stellten fest, dass ein Vitamin-D-Mangel einen negativen Effekt auf SDNN, SDANN, RMSSD, PNN50 und den HF-Bereich hat. Andererseits verursachte ein niedriger Blutspiegel Anstiege in Low-Frequency Bereich (LF) und im LF/HF-Verhältnis. Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass diese Hypovitaminose zum Anstieg der Sympathikusaktivität mit einem entsprechendem Abfall der HRV führt (Canpolat et al., 2015).
Zukünftige Forschungen
Gerade in Hinblick auf die Thematik der Krankheitsprävention wird es auch in Zukunft noch viele interessante Studien geben.
Ein Team von neuseeländischen Forschern wird eine große randomisiert-kontrollierte Studie namens ViDA (The Vitamin D Assesment) durchführen. Diese Studie wird die Effekte von Vitamin D auf die Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen, akuten respiratorischen Infektionen, Sturzrisiko und Knochenbrüchen analysieren. Es werden unter anderem auch Gewicht, Blutdruck, Herzratenvariabilität, Lungenfunktion, Muskelkraft, Gleichgewichtssinn, Stimmung, chronische Schmerzen und Knochendichte bei 5100 Erwachsenen analysiert.
Forscher wie D. Mozaffarian betonen die Wichtigkeit eines gesunden Lebensstils. Laut Mozaffarian vernachlässigen viele Forschungen, die sich mit der Wirkung von Vitamin D auseinandersetzen, die Tatsache, dass ein Vitamin-D Depot durch Sonnenexposition und weniger durch Nahrungsaufnahme entsteht. Er ist der Meinung, dass die Ergebnisse vieler Studien verzerrt sind. Dies liegt daran, dass ein Unterschied im Lebensstil schwer zu messen ist und viele positive Effekte von Vitamin D auch physischen und sozialen Aktivitäten zuzuschreiben sind. Obwohl Vitamin D einen guten Effekt auf die Gesundheit hat, darf man den Effekt einer gesunden Lebensweise und körperlicher Aktivität, die zur endogenen Produktion von Vitamin D führen, nicht unterschätzen (Mozaffarian, 2009).
Wie viel Bewegung und Sonne braucht ein Mensch eigentlich?
Die Antwort auf diese Frage ist nicht eindeutig gegeben. Aber eines ist klar – Bewegung und die in der Natur verbrachte Zeit sind für die Gesundheit von enormer Wichtigkeit. Es kommt auch darauf an, wie wir uns fühlen. Ebenso trägt die Tatsache, dass Gesundheit durch viele nicht physikalische Determinanten bestimmt ist, dazu bei, dass wir sie nicht direkt messen können. Zum Glück gibt es aber Methoden wie die Herzratenvariabilität, die uns dabei helfen, den Zustand unserer Gesundheit zuverlässiger abzubilden.
Die Medizin liefert in diesem Bereich allerdings einen klaren Beweis: Bewegung in der Natur ist ein wichtiger Bestandteil und trägt zur Verbesserung der Gesundheit und HRV bei.
Gehen Sie also raus in die Natur und genießen Sie die Sonne! Ihr Herz und Ihre Seele werden sich darauf freuen.
CANPOLAT, U., OZCAN, F., OZEKE, O., TURAK, O., YAYLA, C., ACIKGOZ, S. K., CAY, S., TOPALOGLU, S., ARAS, D. & AYDOGDU, S. 2015. Impaired cardiac autonomic functions in apparently healthy subjects with vitamin D deficiency. Ann Noninvasive Electrocardiol, 20, 378-85.
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