Vorträge halten verändert die HRV

Warum können einfache und auf den ersten Blick harmlose Aufgaben, wie vor einer Menschenmenge zu sprechen, oft zu einer angstähnlichen Reaktion und Reduktion der Herzratenvariabilität führen?

Akuter psychosozialer Stress wird in wissenschaftlichen Studien laufend untersucht. Oft sind es experimentelle Aufgaben wie Vorlesen oder Sprechen vor einem Publikum, die bei den VersuchsteilnehmerInnen zu einem erhöhten Stressniveau führen sollen. Solche Aufgaben scheinen die Herzratenvariabilität (HRV) durch Änderungen der Atmungsmuster zu beeinflussen. Es ist bisher nicht eindeutig geklärt worden, welche stressinduzierende Aufgabe die größte autonome und subjektive Antwort nach sich zieht. Brugnera und KollegInnen bieten einige Erklärungsmodelle.

STUDIE

Die randomisierte cross-over Studie untersuchte den subjektiv empfundenen Stress und analysierte diverse Herzratenvariabilitäts-Parameter. Es wurden Unterschiede in subjektiver Empfindung zwischen drei verschiedenen verbalen (Sprechen und Stroop-Test – Vorlesen der Farbennamen geschrieben in anderer Farbe) und einer nicht-verbalen stressinduzierenden Aufgabe (Montreal Imaging Stress Task; MIST) untersucht. Untersucht wurden 60 gesunde Erwachsene mit gleicher Geschlechtsverteilung. Das durchschnittliche Alter betrug 25,6 Jahre. Separate Analysen wurden  für die Atemmuster erhoben.

Alle Probanden führten ähnliche empfundene Stressniveaus während der drei verbalen Aufgaben an. Das Ansehen der stressinduzierenden Bilder (MIST) verursachte eine stärkere kardiovaskuläre Antwort als Sprach- bzw. Stroop-Test Aufgaben. Ähnliche Ergebnisse fanden sich auch nach Kontrolle der Atemfrequenz. Es zeigten sich Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern. Frauen berichteten von einem höher empfundenen Stressniveau.  Sie wiesen eine reduzierte HRV als Antwort auf akute psychosoziale Stressoren auf.

Ergebnisse

Diese Studie weist darauf hin, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede im psychosozialen Erleben gibt. Möglicherweise kommt die Reduzierung des Vagotonus während verbaler Aktivitäten durch eine Veränderung der Atemmuster, bedingt durch das Sprechen, zustande. Künftig sollten daher hoch-standardisierte mathematische Aufgaben als valide Alternative zu den verbalen Protokollen während experimenteller Studien verwendet werden.

Brugnera, A., et al., Heart rate variability during acute psychosocial stress: A randomized cross-over trial of verbal and non-verbal laboratory stressors. Int J Psychophysiol, 2018. 127: p. 17-25.

 

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