Unterschied HRV- und Pulsmessung
Was ist der Unterschied zwischen einer Puls- und einer HRV-Messung?
Oder:
Was kann eine HRV-Messung, was eine Pulsmessung nicht kann
Immer wieder erreichen uns im Office die Fragen: Was ist der Unterschied zwischen einer Puls- und einer HRV-Messung? Hat eine Pulsmessung die gleiche Aussagekraft wie eine HRV-Messung? Was sagt eine Pulsmessung, was eine HRV-Messung aus? Deshalb haben wir uns entschlossen, einen kurzen Beitrag dazu zu verfassen, der hoffentlich ein wenig Licht ins Dunkel bringt.
Bevor wir uns anhand einer Messung die Unterschiede zwischen HRV und Puls ansehen, befassen wir uns kurz mit dem theoretischen Hintergrund.
Definition Puls
Als Puls bezeichnet man das (durch den Herzschlag) verursachte Pochen des Blutes an den Gefäßwänden. Das ergibt sich durch die mechanische, rhythmische Ausdehnung und Kontraktion der Gefäßwände, die durch die Herzaktion und die von ihr ausgelöste Druckwelle bedingt ist.
Die Herzfrequenz- oder Pulsmessung basiert auf der Erfassung der Häufigkeit der Pulsschläge in einer Minute.
Trotzdem ist die Herzfrequenz nicht das gleiche wie der Puls, obwohl der Begriff oft synonym verwendet wird. Die Herzfrequenz ist nur ein Teilaspekt des Pulses und gibt Auskunft über die Anzahl der Herzschläge pro Minute und wird in beats per minute (bpm) angegeben. Ein weiterer Begriff, der oft synonym verwendet wird, ist der Begriff der Herzrate. Die Herzrate beschreibt jedoch eigentlich den Puls von Schlag zu Schlag.
Brustgurte liefern z.B. oft nur Herzfrequenz-Daten im Sinne von Mittelwerten der über mehrere Sekunden erfassten elektrischen Impulse (dies um die Auswirkungen von Artefakten möglichst zu kompensieren). Das ist zwar für die Trainingsüberwachung ausreichend, bietet aber zu wenig Aussagekraft für die Anwendung in der Lebensstilmedizin.
(Zur Aufzeichnung von HRV-Daten ist die Erfassung der RR-Daten notwendig. Brustgurte wie der Polar H10 (derzeit nur in Kombination mit einer Pulsuhr) und diverse Modelle von Garmin und Suunto ermöglichen bereits die Aufzeichnung und Auswertung der HRV).
Definition HRV
Die Herzratenvariabilität (HRV) ist ein Maß für die gesamte Anpassungsfähigkeit eines Organismus und damit ein Maß für Gesundheit.
Die Herzratenvariabilität errechnet sich aus den millisekundengenauen Abständen zwischen den einzelnen Herzschlägen eines Menschen.
Die Steuerung geschieht durch das Aktivieren des Sympathikus (im Sinne der Anspannung) und des Parasympathikus (im Sinne der Erholung). Verantwortlich für das Beschleunigen oder Entschleunigen des Herzschlages ist das autonome Nervensystem (siehe auch „Herzratenvariabilität, das HRV-Praxis-Lehrbuch, A. Lohninger, 2017).
Deshalb kann man über die HRV sehr genau feststellen ob und wann jemand entspannt, konzentriert oder belastet ist.
Was kann eine HRV-Messung, was eine Pulsmessung nicht kann?
Die oben angeführten Definitionen zeigen, dass eine Puls- oder Herzfrequenz-Messung die feinen Unterschiede in der Herzschlagfolge nicht erfassen kann und somit die – per definitionem – zugrunde liegenden Daten für eine HRV-Analyse auch nicht in einer rudimentären Form bereitstellen könnte.
Die in Folge angeführten Messergebnisse und dargestellten Grafiken verdeutlichen die unterschiedliche Aussagekraft von HRV und Puls:
Während der Aktivität TV am Abend hat die Gemessene eine mittlere Herzrate von 48. Der niedrige Puls an sich würde alleine vielleicht auf Entspannung hindeuten. Sieht man sich jedoch auch die Werte der HRV-Analyse an – Total Power, VLF, und LF sinken, HF und pNN50 steigen deutlich an – erkennt man, dass die Gemessene müde ist.
Während Kommunikation hat die Gemessene eine ähnliche mittlere Herzrate wie in der Aktivität TV am Abend. Würden wir jeweils nur den Wert vergleichen – 48BpM bei TV und 50 BpM bei Kommunikation – würden wir sagen, dass die Gemessene zu beiden Zeiten müde war. Sehen wir uns hier jedoch auch die HRV- Werte an, dann sehen wir, dass alle Werte deutlich gegenüber dem Tagesschnitt ansteigen. Der Gemessenen geht es sehr gut, sie ist hochkonzentriert und befindet sich vielleicht sogar im Flow.
Auch das HRV-Spektrogramm zeigt auf den ersten Blick deutlich, wo die Gemessene mehr „brennt“. Ein hohes, dichtes und buntes Lebensfeuer während Kommunikation, im Gegensatz zu einem reduzierten Lebensfeuer, steht für eine hohe HRV und damit eine hohe Anpassungsfähigkeit.
Fazit
Die Ergebnisse der Messung zeigen deutlich, welch unterschiedliche Ursachen und Befindlichkeiten eine Person trotz gleichem Pulsniveau betreffen kann. Erst durch die HRV wird oft klar, was genau hinter den Ergebnissen steckt. Die Aussagekraft von HRV-Analysen ist daher mit Aussagen von Herzfrequenzmessungen nicht vergleichbar.