Können natürliche Wege zur Stimulation des Vagusnervs die Anfallskontrolle verbessern?
Yuen und Sander (2019) haben sich mit der Frage beschäftigt, ob es natürliche Wege zur Stimulation des Vagus gibt, die über eine Erhöhung der HRV zu einer Reduzierung epileptischer Anfälle führen.
Einleitung
Der zehnte Hirnnerv, Nervus vagus – von lat. vagari „umherschweifen“, „vagabundieren“ –, ist der größte Nerv des Parasympathikus. Deshalb bezeichnet man ihn in seiner Gesamtheit auch gerne einfach als Vagus. Am Herz wirkt der Vagus entgegengesetzt dem Sympathikus Er führt also zur Verlangsamung des Pulses, zu herabgesetzter Erregbarkeit und verlangsamter Erregungsüberleitung (Auszug aus A. Lohninger (2017), Herzratenvariabilität – das HRV Praxis Lehrbuch).
Der Vagus hat viele Funktionen. Für uns besonders wichtig ist aber vor allem die Steuerung des Herzrhythmus. Die Herzratenvariabilität kann als noninvasive Methode zu dessen Überprüfung eingesetzt werden. Eine reduzierte HRV ist oft Zeichen eines verminderten parasympathischen Tonus und steht oft in Zusammenhang mit einer Vielzahl von Erkrankungen.
Mehr über HRV könnt ihr hier nachlesen: Grundlagen der HRV
Can natural ways to stimulate the vagal nerve improve seizure control?
Yuen und Sander (2019) haben sich nun damit beschäftigt herauszufinden, welche natürlichen Mitteln vor allem bei der Reduzierung der Anfallshäufigkeit epileptischer PatientInnen helfen.
Sie haben in Metaanalysen diverser Studien herausgefunden, dass Personen mit Epilepsie signifikant niedrigere HF, SDNN und RMSSD Werte aufweisen. Daher besteht der Verdacht, dass Epilepsie mit einem reduzierten Parasympathikus und einer reduzierten HRV einhergeht.
Umgekehrt liegt die Annahme nahe, dass ein höherer Parasympathikus demnach zu einer reduzierten Anfallshäufigkeit und einer erhöhten allgemeinen Gesundheit führt.
Sie untersuchten natürliche Methoden zur Vagusstimulation, die den drei Bereichen „Reduzierung von psychologischem Stress“, „Bewegung“ und „Ernährung“ zuzuordnen sind. Dazu gehören u.a. Atemübungen, Chanting, Musiktherapie, Mozart hören, Lachen, Aerobic, Stretching, Resistance Training, Omega 3 Fettsäuren, Probiotics, Fasten, etc.
Die Ergebnisse zeigen, dass die natürlichen Wege zur Stimulierung des Vagus die HRV erhöhen, nicht jedoch immer gleichzeitig auch epileptische Anfälle reduzieren. Die Ausnahme ist das Hören von Mozarts Musik. Das Hören von Mozart führt über eine Erhöhung des Parasympathikus zu einer Reduzierung epileptischer Anfälle.
FAZIT
Es gibt gute Belege dafür, dass Menschen mit Epilepsie eine schlechtere HRV und somit einen beeinträchtigten parasympathischen Tonus haben. Das Hören von Mozarts Musik ist der bisher einzige natürliche Weg um neben einer Erhöhung des Parasympathikus auch die Häufigkeit epileptischer Anfälle zu reduzieren.
Natürlich ist mehr Arbeit erforderlich, um zu zeigen, dass andere Methoden zur Erhöhung des parasympathischen Tonus auch von einer Verringerung der Anfälle begleitet werden.
Wahrscheinlich muss eine Kombination verschiedener einzelner natürlicher Methoden verwendet werden, um eine Verbesserung der HRV zu erreichen, die messbar ist. Das medizinische Standardparadigma ist: Eine Therapie, ein Medikament für jeden Gesundheitszustand. Ist der Ansatz der Einzeltherapie nicht wirksa, werden Kombinationen verwendet.
Inzwischen wächst das Bewusstsein, dass für ein umfassendes Krankheitsmanagement mehrere Ansätze erforderlich sind, einschließlich des Managements von Lebensstilfaktoren.
Das können wir von Autonom Health nur unterschreiben. Und haben auch viel davon bereits in „Einfach Gesund – Anleitung zur artgerechten Haltung von Menschen“ verschriftlicht.
Die Originalstudie findet ihr übrigens hier: Can natural ways to stimulate the vagus nerve improve seizure control
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